Eins mal vornweg: meine neue Übersetzerin ist toll! :) Wir haben einen riesen
Spass und sie macht ihren Job richtig gut. Da sie viele Bauern kennt erleichtert das die Arbeit sehr. Heute Morgen
konnten wir den ersten Distrikt abschliessen und haben nun schon stolze 38
Fragebögen ausgefüllt.
Von Montag auf Dienstag übernachteten wir bei ihren Eltern.
Sie wohnen etwas abgelegen und dank der Regenzeit ist die „Strasse“ in einem
schrecklichen Zustand. Meistens fährt man durch meterlange Pfützen, über Stock,
Stein und Schlamm. Ein wahres Abenteuer. Mittlerweile bin ich ja schon wieder
ziemlich geübt mit dem Roller, aber trotzdem sind diese Fahrten eine rechte Herausforderung.
Dummerweise gelang mir die Fahrt zu ihren Eltern nicht ganz ohne Zwischenfall. Bei
einer der überdimensionierten Pfützen beschloss ich ein kurzes Bad zu nehmen –
selbstverständlich mit Rucksack und allem. Natürlich hatte Englang eine riesen
Freude und konnte sich kaum erholen vor Lachen. Aus weiser Voraussicht (und der
Regenzeit) habe ich zum Glück alles schön verpackt und meine heiligen
Fragebögen blieben trocken. Zu allem Überfluss verlor ich auch noch einen
Spiegel, was ich selbstverständlich erst auf dem Hof von Englangs
(Übersetzerin) Eltern bemerkte. Nicht weiter tragisch, konnte gleich beide
Spiegel am nächsten Tag für 1.20 $ ersetzen (es will ja niemand nur einen
Spiegel…). Als ich erklärte ich wolle aber den alten Spiegel trotzdem behalten,
lachten sie nur und liessen mich ziehen.
Zurück zur Übernachtung. Da angekommen durfte ich
netterweise noch eine Dusche mit ein bisschen saubererem Wasser geniessen.
Natürlich haben sie kein Badezimmer, aber immerhin eine abgetrennte „Dusche“.
Ihr könnt euch das so vorstellen: eine selbst gebastelte Kabine aus Plachen und
ein paar Wassereimern. Das Wasser kann man dann über sich giessen und dabei
beachten, dass man nicht über die Kabine hinausragt. Die Toilette kann man sich
selber aussuchen, irgendwo hinter den Cashew-Bäumen… Erfüllt allerdings alles
seinen Zweck und war ja für mich nicht die grösste Herausforderung. Das Essen
wurde auf dem Feuer gekocht und es gab Reis (was auch sonst) und irgendwas mit
Bambus. Schlussendlich wurde noch ein bisschen geplaudert und sie wollten die 3
obligatorischen Fragen wissen. 1) Woher kommst du? 2) Hast du Familie? 3)Gefällt
es dir in Kambodscha? :) Englang und ich schliefen auf dem Tisch unter dem Haus (für die, die es nicht
wissen, die meisten Häuser sind auf Stelzen. Dadurch hat man immer irgendwo
Schatten und im Falle einer Flut noch irgendwo trockene Füsse). Wie bekamen
sogar ein Mückennetz und konnten so zum Klang der Frösche, Grillen und Hühner
mehr oder weniger friedlich schlafen… - bis um 00.15 Uhr. Da klingelte
plötzlich ein Telefon und alle standen auf. Der Vater fuhr mit dem Motorrad weg
und die Mutter machte Feuer. Irgendwann beschloss ich mal zu schauen, was den
jetzt los sei und da erklärte mir Englang, dass ihr Vater jetzt auf die Jagd
geht. Kurz später kam er mit einem Hirsch zurück. Der wurde dann noch
ausgenommen und dann gingen wieder alle schlafen… - bis um 3.00. Da beschlossen
die Gockel den Tag für angebrochen zu erklären und verkündeten die frohe
Botschaft lautstark. Zum Glück waren die Menschen da anderer Meinung und
ignorierten die eindringliche Wiederholung der Botschaft. Am Morgen fing das
rege Treiben um 5.30 Uhr an. Ein Junge holte den Hirsch ab. Die Jagd ist nicht
legal, ist aber ein gutes Einkommen für die Bauern. Dank der Abholzung der
Wälder und dem Landverkauf an ausländische Firmen, wird es immer schwieriger
für die Jäger Wild zu finden. Dadurch geht eine weitere wichtige
Einkommensquelle verloren und kümmern tut’s niemanden.
An einem anderen Tag konnten wir mit einer Bäuerin das Feld
der Futtergräser besichtigen. Dazu wateten wir einmal mehr einige Kilometer
durch Reisfelder. Voller Stolz zeigte sie uns ihre Reisfelder und erzählte,
dass der Regen dieses Jahr viel zu spät kam und es immer noch zu trocken ist. Bei
den Gräsern angekommen beschlossen wir, die Frau gleich auf dem Feld zu fragen.
Das war aber gar keine schlaue Idee. Mir krochen ständig Ameisen über die Füsse
und hinterliessen tausend brennende Stellen. Zudem war es noch schrecklich
heiss, so dass wir ständig dem Schatten nachlaufen mussten. Aber immerhin
hatten wir am Schluss die gewünschten Informationen und ein Erlebnis mehr :)
Zwei Nächte blieben wir bei Enlangs Schwester. Sie hat ein
grosses Haus in der Nähe. Da hatte ich sogar mein eigenes Zimmer, mit einem
sehr bequemen Bett, Mückennetz, Kissen und Decken. Es hatte sogar eine Toilette
(so ein Raststätte-Klo, aber es hatte eins!). Sie kochten viele verschiedene
Dinge und vor allem viel Fleisch. In einer Suppe waren die Eingeweide des
Hirschs. War gar nicht so schlecht, aber die Suppe traf nicht ganz meinen
Geschmack. Weiter gab es noch irgendwelche Eingeweide vom Schwein. Ich muss zugeben
es war gar nicht schlecht :).
Ansonsten kämpften wir uns von Bauer zu Bauer. In einem Dorf
war es etwas schwierig. Da wir nun schon die dritten waren, die eine Befragung
machten in den letzten 2 Monaten, waren die Bauern erst ein bisschen missmutig
und Englang musste ihnen erklären, dass dies wichtig sei usw. Wenn sie sich
dann hingesetzt hatten, ging es meistens ganz gut.
Eine Bäuerin erzählte uns von den Kompanien, die ihnen das
Land weggenommen haben. Eines Tages kamen sie mit den Maschinen an und meinten
zu ihr, sie müsse keine Angst haben, sie nehmen ihr das Land nicht weg. Sie
nehmen nur das vom Staat, welches sie gekauft haben. Als sie nach einigen
Stunden wiederkam, war ihr ganzes Land bereits umgegraben. So erging es vielen
Bauern und es wurden unzählige Hektaren Wald gerodet für überaus hässliche
Palmöl-Plantagen. In anderen Gebieten sind es Gummibäume. Der Staat hat kein
Gehör für die Anliegen der Bauern, schliesslich zahlen die Kompanien mehr Geld.
Auf jeden Fall läuft im Moment so einiges. Es ist spannend
in den verschiedenen Dörfern zu arbeiten und die verschiedenen Ansichten und Beobachtungen
zu hören. Morgen geht es in einen anderen Distrikt.