Freitag, 24. Juli 2015

Jagd um Mitternacht und Befragung im Reisfeld

Eins mal vornweg: meine neue Übersetzerin ist toll! :) Wir haben einen riesen Spass und sie macht ihren Job richtig gut. Da sie viele Bauern kennt  erleichtert das die Arbeit sehr. Heute Morgen konnten wir den ersten Distrikt abschliessen und haben nun schon stolze 38 Fragebögen ausgefüllt.
Von Montag auf Dienstag übernachteten wir bei ihren Eltern. Sie wohnen etwas abgelegen und dank der Regenzeit ist die „Strasse“ in einem schrecklichen Zustand. Meistens fährt man durch meterlange Pfützen, über Stock, Stein und Schlamm. Ein wahres Abenteuer. Mittlerweile bin ich ja schon wieder ziemlich geübt mit dem Roller, aber trotzdem sind diese Fahrten eine rechte Herausforderung. Dummerweise gelang mir die Fahrt zu ihren Eltern nicht ganz ohne Zwischenfall. Bei einer der überdimensionierten Pfützen beschloss ich ein kurzes Bad zu nehmen – selbstverständlich mit Rucksack und allem. Natürlich hatte Englang eine riesen Freude und konnte sich kaum erholen vor Lachen. Aus weiser Voraussicht (und der Regenzeit) habe ich zum Glück alles schön verpackt und meine heiligen Fragebögen blieben trocken. Zu allem Überfluss verlor ich auch noch einen Spiegel, was ich selbstverständlich erst auf dem Hof von Englangs (Übersetzerin) Eltern bemerkte. Nicht weiter tragisch, konnte gleich beide Spiegel am nächsten Tag für 1.20 $ ersetzen (es will ja niemand nur einen Spiegel…). Als ich erklärte ich wolle aber den alten Spiegel trotzdem behalten, lachten sie nur und liessen mich ziehen.
Zurück zur Übernachtung. Da angekommen durfte ich netterweise noch eine Dusche mit ein bisschen saubererem Wasser geniessen. Natürlich haben sie kein Badezimmer, aber immerhin eine abgetrennte „Dusche“. Ihr könnt euch das so vorstellen: eine selbst gebastelte Kabine aus Plachen und ein paar Wassereimern. Das Wasser kann man dann über sich giessen und dabei beachten, dass man nicht über die Kabine hinausragt. Die Toilette kann man sich selber aussuchen, irgendwo hinter den Cashew-Bäumen… Erfüllt allerdings alles seinen Zweck und war ja für mich nicht die grösste Herausforderung. Das Essen wurde auf dem Feuer gekocht und es gab Reis (was auch sonst) und irgendwas mit Bambus. Schlussendlich wurde noch ein bisschen geplaudert und sie wollten die 3 obligatorischen Fragen wissen. 1) Woher kommst du? 2) Hast du Familie? 3)Gefällt es dir in Kambodscha? :) Englang und ich schliefen auf dem Tisch unter dem Haus (für die, die es nicht wissen, die meisten Häuser sind auf Stelzen. Dadurch hat man immer irgendwo Schatten und im Falle einer Flut noch irgendwo trockene Füsse). Wie bekamen sogar ein Mückennetz und konnten so zum Klang der Frösche, Grillen und Hühner mehr oder weniger friedlich schlafen… - bis um 00.15 Uhr. Da klingelte plötzlich ein Telefon und alle standen auf. Der Vater fuhr mit dem Motorrad weg und die Mutter machte Feuer. Irgendwann beschloss ich mal zu schauen, was den jetzt los sei und da erklärte mir Englang, dass ihr Vater jetzt auf die Jagd geht. Kurz später kam er mit einem Hirsch zurück. Der wurde dann noch ausgenommen und dann gingen wieder alle schlafen… - bis um 3.00. Da beschlossen die Gockel den Tag für angebrochen zu erklären und verkündeten die frohe Botschaft lautstark. Zum Glück waren die Menschen da anderer Meinung und ignorierten die eindringliche Wiederholung der Botschaft. Am Morgen fing das rege Treiben um 5.30 Uhr an. Ein Junge holte den Hirsch ab. Die Jagd ist nicht legal, ist aber ein gutes Einkommen für die Bauern. Dank der Abholzung der Wälder und dem Landverkauf an ausländische Firmen, wird es immer schwieriger für die Jäger Wild zu finden. Dadurch geht eine weitere wichtige Einkommensquelle verloren und kümmern tut’s niemanden.
An einem anderen Tag konnten wir mit einer Bäuerin das Feld der Futtergräser besichtigen. Dazu wateten wir einmal mehr einige Kilometer durch Reisfelder. Voller Stolz zeigte sie uns ihre Reisfelder und erzählte, dass der Regen dieses Jahr viel zu spät kam und es immer noch zu trocken ist. Bei den Gräsern angekommen beschlossen wir, die Frau gleich auf dem Feld zu fragen. Das war aber gar keine schlaue Idee. Mir krochen ständig Ameisen über die Füsse und hinterliessen tausend brennende Stellen. Zudem war es noch schrecklich heiss, so dass wir ständig dem Schatten nachlaufen mussten. Aber immerhin hatten wir am Schluss die gewünschten Informationen und ein Erlebnis mehr :)
Zwei Nächte blieben wir bei Enlangs Schwester. Sie hat ein grosses Haus in der Nähe. Da hatte ich sogar mein eigenes Zimmer, mit einem sehr bequemen Bett, Mückennetz, Kissen und Decken. Es hatte sogar eine Toilette (so ein Raststätte-Klo, aber es hatte eins!). Sie kochten viele verschiedene Dinge und vor allem viel Fleisch. In einer Suppe waren die Eingeweide des Hirschs. War gar nicht so schlecht, aber die Suppe traf nicht ganz meinen Geschmack. Weiter gab es noch irgendwelche Eingeweide vom Schwein. Ich muss zugeben es war gar nicht schlecht :).
Ansonsten kämpften wir uns von Bauer zu Bauer. In einem Dorf war es etwas schwierig. Da wir nun schon die dritten waren, die eine Befragung machten in den letzten 2 Monaten, waren die Bauern erst ein bisschen missmutig und Englang musste ihnen erklären, dass dies wichtig sei usw. Wenn sie sich dann hingesetzt hatten, ging es meistens ganz gut.
Eine Bäuerin erzählte uns von den Kompanien, die ihnen das Land weggenommen haben. Eines Tages kamen sie mit den Maschinen an und meinten zu ihr, sie müsse keine Angst haben, sie nehmen ihr das Land nicht weg. Sie nehmen nur das vom Staat, welches sie gekauft haben. Als sie nach einigen Stunden wiederkam, war ihr ganzes Land bereits umgegraben. So erging es vielen Bauern und es wurden unzählige Hektaren Wald gerodet für überaus hässliche Palmöl-Plantagen. In anderen Gebieten sind es Gummibäume. Der Staat hat kein Gehör für die Anliegen der Bauern, schliesslich zahlen die Kompanien mehr Geld.

Auf jeden Fall läuft im Moment so einiges. Es ist spannend in den verschiedenen Dörfern zu arbeiten und die verschiedenen Ansichten und Beobachtungen zu hören. Morgen geht es in einen anderen Distrikt.

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